Am letzten Wochenende im Juni 2021 konnten die beiden Gesellschaften VDA und DCG nach langer Zeit von Online-Konferenzen endlich wieder einmal eine vor Ort Veranstaltung durchführen. Im Allgäu, zentral gelegen und aus Österreich und der Schweiz gut zu erreichen, trafen sich rund 30 Aktive aus drei Nationen, um über erfolgreiche Erhaltungszucht- und Wiederansiedlungsprojekte aus dem Bereich der Aquaristik zu berichten. Neben den Erfolgsmeldungen zeigten die geladenen Referenten aber auch, dass Fische eine der am stärksten vom Aussterben bedrohten Tiergruppe weltweit sind, wie auch vor kurzem vom WWF publiziert.
Durch Lebensraumzerstörung, Einbringung von Nutzfischen, Gewässerverschmutzung, aber vor allem durch die weltweit zunehmende intensive landwirtschaftliche Nutzung von Flächen und die damit einhergehende Zerstörung von Kleingewässern sowie großflächige Entwässerung von Landschaften geraten viele Fischarten unter massiven Druck.
Dabei müssen wir uns bei der Betrachtung der Diversität der Fischfauna klar werden, dass die derzeit rund 35.000 beschriebenen Arten jedes Jahr einen Zuwachs von 300 bis 400 neuen Taxa allein bei den Fischen haben. Wir kennen also bis heute nur einen kleinen Teil der gesamten, weltweit verbreiteten Arten. Ein großer Teil der biologischen Zusammenhänge im Lebensraum, wie z.B. das zum Teil hoch spezialisierte Brutpflegeverhalten, die Partnersuche oder die Einnischung in die Habitate, ist bei den meisten Arten noch völlig unbekannt. Das heutige Wissen stützt sich im Wesentlichen auf die Beobachtung von Aquarianern, die hier einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis von biologischen Daten der Fischfauna in den letzten 100 Jahren geleistet haben und immer noch leisten.
Von den derzeit rund 35.000 bekannten Fischarten leben rund die Hälfte der Arten im Süßwasser in nur 1% gesamten Wasserfläche der Erde. Von diesen rund 17.000 Arten sind bisher nur 2.000 Arten in der qualifizierten Aquaristik, also bei interessierten Haltern, spezialisierten Züchtern, Zoos und in öffentlichen Aquarien, vorhanden. Nur rund 400 Arten werden im spezialisierten Zoofachhandel regelmäßig angeboten. Laut der 2018 veröffentlichten EXOPET Studie werden ungefähr nochmal so viele Arten, also rund 400 Arten, nur von einem oder zwei Aquarianern in Deutschland gehalten. Nur 50 bis 100 Arten werden im standardisierten Zoofachhandel regelmäßig, aus internationalen Großzuchten oder in geringem Teil aus Wildfängen stammend, angeboten.
Mit zahlreichen, seit vielen Jahren etablierten Erhaltungszuchtprogrammen tragen die unterschiedlichen, assoziierten Gruppierungen des Verbands Deutscher Vereine für Aquarien- und Terrarienkunde e.V. (gegr. 1911) dazu bei, dass Arten, die durch die oben genannten Faktoren unter starken Druck in ihren natürlichen Lebensräumen geraten, in Aquarienpopulationen erhalten bleiben und regelmäßig nachgezogen werden. In der Folge geht es auch darum, die Tiere ohne die häufigen Hybridisierungen unterschiedlicher Standortvarianten und der für den Handel typischen Selektionszucht in Richtung brillanter Farben, zu erhalten. Viele dieser Arten sind in ihrer natürlichen Erscheinung weit davon entfernt, jemals interessant für den Aquarienhandel zu werden. Sie sind oft klein, grau und unscheinbar. Viele dieser Arten sind Nahrungsspezialisten, an extreme Wasserparameter gebunden oder stark territorial, also eher keine Kandidaten für das normale Heimaquarium.
Die Tagung der Spezialisten Ende Juni diente vor allem dazu, gemeinsam und länderübergreifend eine Strategie zu entwickeln, wie und mit welchen Mechanismen stabile Erhaltungszuchten auf noch breiterer Basis erfolgen können. Es war eine erfolgreiche Veranstaltung mit namhaften Referenten, die große Erfahrungen in den Bereichen des Handels, der Taxonomie und den Erhaltungszuchten haben. Einen großen Teil der brillanten Vorträge zu dem Thema, werden als ausführliche Beiträge in den vier kommenden Ausgaben der VDA-aktuell erscheinen. Eine weitere Tagung von Spezialisten, die dann gemeinsam Strategien für ex-situ Arterhaltungen in privater Haltung, Zoos und öffentlichen Aquarien ausarbeiten, wird derzeit geplant.
Sollten Sie weitere Informationen zu der Erhaltungszuchten im Bereich der Aquaristik benötigen, finden Sie auf der VDA-online Webseite eine Zusammenfassung zahlreicher Aktivitäten der ex-situ Zuchten in unserer Stellungnahme zum Thema „ex-situ Arterhaltung“ für die Bundestagsanhörung Anfang Juni 2021.