Der südamerikanische Kontinent weist mehrere große bzw. sehr große Flusssysteme auf. Die südamerikanischen Flüsse entwässern zum größten Teil in den Atlantik, was auf die ursprüngliche geologische Entwicklung des Kontinents und die im Westen liegenden geologisch jungen Anden als Barriere für Flüsse zurückzuführen ist. Von Norden nach Süden sind diese Flusssysteme: Orinoko, Amazonas und Paraguay. Daneben gibt es weitere kleinere isolierte Systeme, die direkt in den Atlantik, in die Karibik und, in geringerer Zahl, in den Pazifik entwässern.
Diese drei Flusssysteme sowie entsprechende Zuflüsse, insofern sie als Fundgebiete von Zwergbuntbarschen aufgetreten sind, werden hier kurz von Norden nach Süden vorgestellt.
Im Norden entwässert der Orinoko, dessen Zuflüsse vor allem aus Kolumbien und Venezuela stammen, in den Atlantik. Die aus den kolumbianischen Anden im Westen stammenden Flüsse führen vor allem Weißwasser (Guaviare, Meta), während die aus dem geologisch alten Guayana-Schild (Ventuari, Caroni) und dem südwestlichen kolumbionischen Tiefland (Inirida) stammenden Flüsse zum geringen Teil Klarwasser und oft auch Schwarzwasser (Atabapo) führen.
Obwohl das Einzugsgebiet des Orinoko mit einer Million gegenüber 6 Millionen Quadratkilometer beim Amazonas vergleichsweise gering ist, führt dieser mit zwischen 30 000 und 40 000 m3/s ca. ein Fünftel der Wassermenge des Amazonas. Das liegt daran dass die Niederschlagsmengen im Einzugsbereich mit 1000 bis 4000 mm pro Jahr sehr hoch sind und führt zu stärkeren Schwankungen als beim Amazonas.
Im Einzugsbereich des Orinoko kommen sehr viele Zwergbuntbarsche aus verschiedenen Gattungen vor. Aus den östlich der Anden liegenden kolumbianischen Flusssystemen wurden in den letzten Jahren zudem einige neue Zwergbuntbarsche importiert bzw. lange nicht importierte Arten wieder importiert.
Einige Zuflüsse des Orinoco werden hier kurz exemplarisch vorgestellt. Man wird jedoch in den Zuflüssen des Orinoco – selbst diese sind für Europäische Verhältnisse sehr große Flüsse – selbst keine Zwergbuntbarsche finden. Auch kann die Wasserzusammensetzung in den kleinen Zuflüssen und Lagunen erheblich vom Hauptfluss abweichen, vor allem dann, wenn diese in der Hochwasserzeit vom Hauptfluss, der sein Wasser oft hunderte Kilometer entfernt erhält, überschwemmt wird.
Der kleine Cano Bocon dürfte Apistogramma- Liebhabern auch als Fundort von A. iniridae bekannt sein. Im nächsten Bild sehen sie ein weibliches Tier, welches ich im Januar 2015 mit der Hand im flachen Wasser fangen konnte.
Der Guaviare ist ein Weißwasserfluss, der sein Wasser vor allem aus den kolumbianischen Anden bezieht. Die hohen Niederschläge (sie liegen teilweise um eine Größenordnung über den Niederschlägen in Europa) bedingen eine gewisse Erosion der Anden und damit eine hohe Sedimentfracht, wie wir sie in Europa vor allem beim Hochwasserereignissen kennen. Diese Sedimente werden an den Ufern abgelagert und teilweise beim nächsten Hochwasser mittransportiert und an anderer Stelle abgelagert.
Der Guaviare fließt von Westen nach Osten, er nimmt dabei nahe der venezolanischen Grenze den Inirida und Atabapo auf und mündet kurz darauf in den Orinoco.
Vergleichbar mit dem Guaviare ist der Rio Meta. Dieser fließt ebenfalls von Westen nach Osten und trägt große Mengen seiner Sedimentfracht in den Orinoco.
Der Atabapo ist ein typischer Schwarzwasserfluss. Er bildet zusammen mit dem Inirida, dem Guaviare und dem Orinoco einen Biodiversitätshotspot, also ein Gebiet mit einer besonders hohen Zahl von Arten. Das Gebiet rund um die Stadt Inirida ist deshalb auch als RAMSAR-Schutzgebiet ausgewiesen. Die Ufer des Atabapo sind von weißem Sand gesäumt.
Durch diesen weißen Sand wird das dunkel gefärbte Wasser, das typische Schwarzwasser, besonders deutlich.
Die Wasserzusammensetzung in einem so großen Flusssystem ist sehr unterschiedlich. Die Gewässer aus den Anden, die in den Guaviare und den Meta entwässern, sind vergleichsweise reich an Sedimenten und Mineralien. Trotzdem sind die Ionenkonzentrationen dieser Flüsse nicht höher als in den Gebieten, die man in Mitteleuropa bzw. Deutschland schon als Weichwassergebiete bezeichnen würde.
Das hängt mit den zum Teil sehr viel höheren Niederschlägen zusammen, die für einen sehr ausgeprägten Verdünnungseffekt des ionenarmen Regenwassers sorgen. So hat das relativ trockene Berlin mit ca. 600 mm im Jahr nur knapp ein Sechstel der Niederschläge wie Villavicencio in Kolumbien am Osthang der Anden mit 4000 mm Niederschlägen.
Der Amazonas ist “der” Fluss, der einem sofort einfällt, wenn es um südamerikanische Flüsse und Superlative geht. Der Amazonas führt mit durchschnittlich ca. 200 000 m3/s die ungefähr 70 bis 80-fache Wassermenge des Rheins. Obwohl die Zuflüsse des Amazonas ausgeprägte Hoch- und Niedrigwasserzyklen aufweisen, führt der Fluss selbst eine “relativ” konstante Menge an Wasser. Die Schwankungen sind mit 150 000 und 250 000 m3/s relativ klein. Diese Tatsache hängt vor allem mit den großen Zuflüssen zusammen, die, mit jahreszeitlich abwechselnden Hochwasserphasen, den Hauptstrom speisen.
Auch wenn bei sehr vielen südamerikanischen Fischen die Herkunft mit “Amazonas” angegeben ist, so finden sich gerade Zwergbuntbarsche nicht im Hauptstrom des Amazonas oder in einem seiner Nebenflüsse (die ebenfalls weitaus größer sind als die großen Europäischen Flüsse). Selbst die Zuflüsse der Nebenflüsse wiederum sind noch sehr groß. Kleinere, langsam fließende Flüsse und Bäche mit ruhigeren Uferregionen oder in der Trockenzeit vom Fluss abgeschnittene Gewässer sind in Südamerika (in Afrika ist das zum Teil etwas anders) Fundorte von Zwergbuntbarschen. Dort bewohnen die uns interessierenden Zwergbuntbarsche unterschiedliche Biotope, oft findet man sie auch direkt am flachen Ufer.
Der Amazonas entspringt in knapp 5200 m Höhe in den peruanischen Anden und mündet nach ungefähr 7000 km in den Atlantik. Seit einigen Jahren wird ein ganzjährig Wasser führender Bach, ein Zufluss des Apurimac als Quelle anerkannt. Von dort fließt das Wasser zunächst nach Norden in den Ucayali. Dieser verbindet sich mit dem Maranon unterhalb der peruanischen Stadt Iquitos, einem Zentrum des peruanischen Zierfischfangs und -exports, zum Amazonas. Der Amazonas fließt unterhalb Iquitos wenige Hundert Kilometer südlich des Äquators mehr oder weniger direkt von Westen nach Osten, wo er in einem breiten Delta in den Atlantik mündet.
Der Amazonas nimmt auf seinem Lauf einige sehr große Nebenflüsse auf, die zum größten Teil die beiden größten Deutschen Flüsse Elbe und Rhein in Wasserführung und Länge deutlich übertreffen. Einige Beispiele werden kurz genannt.
Der Einzugsbereich des Amazonas weist im Mittel- und Unterlauf kaum Höhenunterschiede auf. Bis an den Brasilianischen Schild mäandern die träge fließenden Weißwasserflüsse deshalb nur sehr langsam, wie auf der folgenden Abbildung zu erkennen ist.
Der Paraguay fließt von Norden nach Süden und vereinigt sich mit dem Paraná, der den südöstlichen Bereich von Brasilien entwässert. Über das im Norden gelegene Pantanal besteht eine Verbindung zum Einzugsbereich des Rio Madeira. Obwohl das Einzugsgebiet fast 3 Millionen Quadratkilometer beinhaltet, ist die mittlere Abflussmenge mit weniger als 20 000 m3/s deutlich geringer als die des Amazonas oder Orinoko.
Wie oben schon angedeutet, ist das Klima in einigen Bereichen der Anden, die als Barriere für Wolken wirken, sehr niederschlagsreich. Durch die hohe Luftfeuchte enthält die Luft sehr viele mehr Wasser als in Europa, was die Temperaturschwankungen im Vergleich zu trockener Luft deutlich reduziert. Kleine Temperaturveränderungen bedingen zum Teil sehr große Energieverschiebungen durch Regen und Verdunstung bei insgesamt relativ konstanter Temperatur. Dazu kommt die Pufferwirkung für Temperaturschwankungen des Regenwaldes und der Flüsse. Flüsse und Bäche werden also relativ konstante Temperaturen aufweisen, was sich auch in der Spanne der Temperaturanpassungsfähigkeit von Zwergbuntbarschen andeutet.
Der Einzugsbereich des Paraguay reicht sehr weit in den Süden bereits in die subtropische Zone. Im oben gezeigten Klimadiagramm der Stadt Encarnación im Süden von Paraguay sieht man bereits, dass die mittleren Monatstemperaturen ungefähr 10°C geringer sind als im südlichen Sommer. Buenos Aires in Argentinien liegt auf ca. 34° südlicher Breite. Zum Vergleich: In den gleichen Bereichen der nördlichen Breiten liegt das südliche Italien.
Aus dem Paraguay-Einzug bzw. aus dem Land Paraguay kommen ab und zu Zwergbuntbarsche, teilweise als Beifänge anderer Arten. Importiert werden ab und zu z. B. Apistogramma commbrae, A. trifasciata und A. borellii. Es gibt einige Haltungs- und Fundberichte, die zeigen, dass diese Arten auch über einige Zeit bei niedrigeren Temperaturen um ca. 18°C gut zu halten sind. Die geringeren Temperaturen zusammen mit den größeren jahreszeitlichen Temperaturschwankungen lassen vermuten, dass diese Arten im Vergleich zu den tropischen amazonischen Arten eurytherm sind.
Da die Flüsse mehr oder weniger weit vom Äquator entfernt liegen (der Amazonas-Hauptstrom fließt fast parallel zum Äquator), machen sich weiter im Norden oder Süden die Jahreszeiten bemerkbar. Diese Tatsache hat einige Bedeutung für die Haltung und Beleuchtung/Beleuchtungsdauer im Aquarium. Zwischen Winter und Sommer weisen die Tageslängen Schwankungen auf. Diese Veränderungen der Tageslänge betragen am südlichsten Verbreitungsgebiet mehrere Stunden.